Netzwerk "Frauen in der Geschichte der Gartenkultur"
Zweite Tagung des Netzwerkes 2000 in Hannover
Im Jahr 2000 fand die Tagung am 30.9. mit rund dreißig TeilnehmerInnen
am Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltentwicklung der Universität
Hannover statt. Die einladenden Mitglieder des bundesweiten Netzwerks "Frauen
in der Geschichte der Gartenkultur" waren Petra Widmer (Institut für
Grünplanung und Gartenarchitektur, IGG) und Roswitha Kirsch-Stracke
(Institut für Landschaftspflege und Naturschutz, ILN). Als Vertreter
des Lehrgebiets "Geschichte der Freiraumplanung" begleitete Prof. Dr. Joachim
Wolschke-Bulmahn die Tagung.
Das Tagungsprogramm 2000
Fünf Vorträge unterschiedlicher Schwerpunktsetzung standen
auf dem Programm.
Den ersten Block bildeten drei biographische Betrachtungen zu Persönlichkeiten
des 17. bis 20. Jahrhunderts. Im zweiten Vortragsblock wurden Ergebnisse
aus breiter angelegten Forschungen zu Frauen in der Freiraum- und Landschaftsplanung
vorgestellt.
Zum Ausklang führte Anke Seegert bei schönstem Altweibersommer-Wetter
durch den Herrenhäuser Berggarten, den botanischer Garten von Hannover,
der im 17. Jahrhundert als Königlicher Küchengarten entstand.
Die Tagung "Frauen in der Geschichte der Gartenkultur" trug maßgeblich
dazu bei, dass der Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltentwicklung
am 16. Mai 2001 mit dem erstmals ausgelobten Preis für aktive Frauenförderung
der Universität Hannover ausgezeichnet wurde.
Anke Seegert führte durch den Herrenhäuser Berggarten
v.L.: Dr. Gerlinde Volland, Petra Widmer, Ursula Gräfin zu Dohna
Im Berggarten
Die Vorträge:
Im
Tagungsbüro
Ursula Gräfin zu Dohna, Rheden: Die Förderung der
Gartenkunst durch adlige Frauen im 18. Jahrhundert
Ursula Gräfin zu Dohna, Rheden, zeigte Beispiele für die Förderung
der Gartenkunst durch adlige Frauen im 18. Jahrhundert auf. Dabei wies
sie auf die Schwierigkeiten hin, für den Untersuchungszeitraum den
Anteil der Frauen am Entstehen der Gärten nachzuweisen, da für
gewöhnlich die Männer für das Rechnungswesen verantwortlich
waren und daher alle Bestellungen und Rechnungen gegenzeichneten. Der Referentin
ist nur ein Fall bekannt, in dem eine Frau, Gräfin Louise zu Wied,
persönlich die Rechnungen unterschrieb. Vortragsschwerpunkt bildete
das Aufzeigen der Kontinuität des Garteninteresses und der Förderung
der Gartenkunst über sieben weibliche Generationen hinweg, angefangen
bei Elisabeth Stuart, der Winterkönigin zu Beginn des 17. Jahrhunderts,
bis hin zu Maria Feodorowna Anfang des 19. Jahrhunderts. Dabei stellte
Gräfin Dohna Überlegungen zu begünstigenden Faktoren weiblicher
Einflussnahme an, beispielsweise die Führung der Regentschaft für
einen minderjährigen Sohn oder die häufige Abwesenheit des Mannes
im Feld, die der Ehefrau die Notwendigkeit - und Chance - zum Regeln der
heimischen Angelegenheiten bot.
Sonja Dümpelmann, Berlin: Maria Teresa Parpagliolo Shephard
(1903-1974) - Pionierin einer neuen Gartenkultur in Italien
Sonja Dümpelmann, Berlin, stellte die erste italienische Garten- und
Landschaftsarchitektin, Maria Teresa Parpagliolo Shephard (1903-1974) vor, deren Pionierleistungen in Italien in der bisherigen gartengeschichtlichen
Forschung zugunsten des bekannten italienischen Gartenarchitekten Pietro
Porcinai vernachlässigt worden sind.
Parpagliolo Shephard war nicht nur in Italien, sondern auch in England
tätig und setzte sich für die Anwendung ausländischer Erfahrungen
in Italien ein. Gemeinsam mit Porcinai versuchte sie 1960, eine erste Ausbildungsstätte
für Garten- und Landschaftsarchitektur in Italien aufzubauen. Nicht
nur die Gartengestaltung, auch der Natur- und Umweltschutz waren ihr ein
Anliegen. Besonderes Interesse zeigte sie für Mogulengärten.
Sonja Dümpelmann untersuchte die Rahmenbedingungen, unter denen
es Parpagliolo Shephard möglich war, als freischaffende Gartenarchitektin
tätig zu sein. Dabei setzte sie Parpagliolo in Beziehung zu zeitgenössischen
Gartenarchitektinnen wie Sylvia Crowe oder Beatrix Jones Ferrand.
Lidia Ludwig, Hannover: Elisabeth Rudorff (1879-1963) - Wirken
für den Ith im Leinebergland
Lidia Ludwig, Hannover, stellte Elisabeth Rudorff (1879-1963) und ihr Wirken
für die Landschaft am Ith im Leine-Bergland vor. In den bisherigen
geschichtlichen Forschungen zu Landschaftspflege und Naturschutz ist der
Name Rudorff als der ihres Vaters Ernst geläufig. Er gilt als einer
der wesentlichen Begründer des Natur- und Heimatschutzes in Deutschland.
In Lauenstein am Ith, wo die Berliner Familie regelmäßig ihren
Sommerurlaub verbrachte, erwarb Ernst Rudorff Baumgruppen und Baumreihen,
Wiesen, Hecken und ganze Landschaftsteile, um sie auf diese Weise zu erhalten.
Nach seinem Tod 1916 war es Elisabeths Anliegen, dass Werk ihres Vaters
vor Ort in Lauenstein fortzusetzen. Lidia Ludwig verglich dazu die Strategien
Elisabeth Rudorffs mit denen ihres Vaters. Im Gegensatz zu ihm fehlten
ihr die finanziellen Mittel zum Ankauf von Schutzobjekten. Daher wählte
sie den Weg, kontinuierlich durch gezielte Ansprache der für den Naturschutz
zuständigen Personen auf Gemeinde-, Kreis- und Landesebene für
den Erhalt von Schutzobjekten oder für Neuausweisungen zu werben.
Fast fünfzig Jahre engagierte sich Elisabeth Rudorff für den
Schutz der Landschaft am Ith, mehrere Schutzgebietsausweisungen gehen auf
ihr Engagement zurück.
Dr. Anke Schekahn, Kassel: Zwischen Mist und candierten Rosen
- Rollenklischees und Emanzipation in der Freiraumplanung
Dr. Anke Schekahn, Kassel, zeigte auf, dass es entgegen anders lautender
Geschichtsschreibung zahlreiche Expertinnen in der Geschichte der Freiraum-
und Landschaftsplanung in Deutschland gibt. Dies ist das Ergebnis
ihrer Forschungsarbeit "Spurensuche, Frauen in der Disziplingeschichte
der Freiraum- und Landschaftsplanung 1700-1933." Rollenklischees, schlechte
bzw. gar keine Ausbildungsmöglichkeiten sind für Frauen Hemmschuhe
(gewesen), sich als Expertinnen hervorzutun. Trotz der schlechten Rahmenbedingungen
gab es aber immer wieder Frauen, die sich über die engen Spielräume
hinwegsetzten oder diese so nutzten, dass sie damit zu ihrer Überwindung
beitragen konnten.
Ende des 19. Jahrhunderts führte die Frauenbewegung dazu, dass
Hedwig Heyl und Elvira Castner die ersten Gartenbauschulen für Frauen
der gebildeten Stände gründeten. Damit schafften sie die wesentlichen
Voraussetzungen für die Berufstätigkeit im gärtnerischen
und planerischen Bereich. Frauen aus der Bewegung förderten diese
Entwicklung durch finanzielle Unterstützung, Bereitstellung von Grundstücken
und durch politische Initiativen. In der Disziplingeschichte haben bisher
weder die Schulen noch ihre Gründerinnen Beachtung gefunden.
Im 18. und 19. Jahrhundert waren die Haus- und Gartenwirtschaft frauenspezifische
Berufszweige und Themen. Viele Veröffentlichungen dieser Zeit über
den Anbau im eigenen Garten und die Verwertung der dort erzeugten Produkte
stammen von Frauen.
Ende des 19. Jahrhunderts sind die von Frauen vertretenen Ansätze
und ihre Berufsfelder häufig mit sozialen Aspekten verknüpft.
Das passt in das Rollenverständnis, nach dem die Frau den führsorgenden
Part in Familie, Haus und Garten innehat(te). Herausragende Persönlichkeit
war Gräfin Dohna Poninska, die mit ihrem Werk "Die Großstädte
in ihrer Wohnungsnoth und die Grundlagen einer durchgreifenden Abhilfe"
(1874) zukunftsweisende freiraumplanerische Ansätze geliefert hat.
Prof. Dr. Ursula Poblotzki, Osnabrück: "Sooo ein schöner
Beruf für eine Frau ..." - Landschaftsarchitektur und Freiraumplanung
- ein "typischer" Frauenberuf?
Prof. Dr. Ursula Poblotzki, Osnabrück, thematisierte die gegenwärtige
Berufssituation von Frauen in der Freiraumplanung . Dazu zog sie die geschlechtsspezifische
Auswertung einer Berufsfeldanalyse Landespflege heran, die 1998 an der
Fachhochschule Osnabrück vorgenommen wurde und erörterte sie
in Hinblick auf Anzeichen einer geschlechtsspezifischen Segregation im
Berufsfeld Landschaftsarchitektur, auf festzumachende Unterschiede im Einkommen
und in der Zufriedenheit im Beruf. Abschließend setzte sich Ursula
Poblotzki kritisch mit dem oft abwertenden Gebrauch des Begriffs der "Alibifrau"
auseinander - also jener einzelnen Frauen, die wie beispielsweise die Landschaftsarchitektin
und Professorin Herta Hammerbacher (1900-1985) bestehende geschlechtsspezifische
Barrieren durchbrochen haben.
Der 75seitige Tagungsbericht ist zu beziehen über:
Roswitha Kirsch-Stracke
Email: kirsch@umwelt.uni-hannover.de
Kosten: 5.00 EUR zuzügl. Porto
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